JUGULAR VERFLOSSEN
2019.
Die Grundlage des Sprechstücks “Jugular verflossen”, eine Auftragskomposition für das Musiker*innen-Trio “Sprechbohrer” (Harald Münz, Sigrid und Gunter Sachse) bildet die polyphone Rhythmik der Fischgesänge bzw. -signallaute, die wiederum eine Referenz zu den Klang-Körper-Verbindungen des Komponisten Vinko Globokar aufrufen.
Der Komponist Vinko Globokar, der viele Jahre in Köln wohnhaft war und an der Musikhochschule Posaune lehrte, hatte in seinem Concerto Grosso für 5 Solisten, 23 Spieler und Chor (1969–1974) dem Chor über Kopfhörer Fischgesänge eingespielt und diesen dann aufgefordert die Fischsignale synchron und live „nachzusingen“.
Meine textuelle Komposition für die Musiker des Kölner Sprechensembles „Sprechbohrer“ nahm die Idee der komplexen, eher sprachlich inkompatiblen Rhythmik der Fischgesänge auf, die in „Jugular verflossen“ den „Chor der Fischkehlen integrierte und mit einer erhöhten Schwierigkeit versah, nämlich Worte und Sätze in der Rythmisierung und im Tempus der Tiere dazu dreistimmig zu sprechen.
Die sprachliche Komposition setzte die Kehle in den Vordergrund der Spracherzeugung, des Ausdrucks und der Variation, dies wird für das Stück „Jugular verflossen“ sowohl auf der Wort- als auch auf der Klangebene relevant. Als Beispiel können hier die Wörter „blub“ und „gulp“ (engl. schlucken) dienen, bei denen es sich um lautmalerische Worte handelt, die phonetisch wiederum nah am lateinischen Wort für Kehle „gula“ liegen.
Hier lässt sich wiederum einerseits ein begrifflicher Teil, andererseits eine Verbindung über den Reim und klangliche Zusammenhänge angezeigen. Das Wort „gothi“, schließt hieran an. Es ist aber ein englischer Neologismus, also ein Kunstwort, das den oben genannten Sachverhalt in einem Wort vereint: Beim Wort „gothi“ handelt es sich eine englische Buchstabierung des Wortes „Fisch“, die im Wort selbst auf die Unregelmäßigkeiten der englischen Sprache zurückgreift:
So kann wird gh auch als /f/ ausgesprochen, z.B. in enough/ɪˈnʌf/or tough/tʌf/, der Buchstabe o, kann auch als /ɪ/ausgesprochen werden, wie z.B. in women/ˈwɪmɪn/, zuletzt lässt sich ti, proauch als /ʃ/aussprechen, z.B. innation/ˈneɪʃən/or motion/ˈmoʊʃən/.
Durch diese komplexe Vielfachbelegung der Sprache, auf der Ebene des Wissens, der Klanglichkeit, der Musikalität gekoppelt mit einermehrstimmigen Verkörperung, versucht das Stück „jugular verflossen“ die Einzigartigkeit der Sprechbohrer auf allen Plateaus Raum zu geben.
Vgl.M.P , Fish / W.H. Mowbray: Sounds of Western North Atlantic Fishes. A Reference File of Biological Underwater Sounds. Baltimore: Johns Hopkins Press 1970 [Darin: melanogrammus aeglefinus, caranx hippos, conodon nobilis, cynoscion jamaicensis, bairdiella chrysura, micropogon undulatus, prionotus evolans, myoxocephalus octodecimspinosus, lactophrys quadricornis, opsanus tau, epinephelus adscensionis, cuskeel, holocentrus ascensionis, galeichthys felis],
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